Die Salcher Rutschung befindet sich in der Gemeinde Gresten, Bezirk Scheibbs, Land Niederösterreich. Sie liegt auf einer unbewaldeten, von West nach Ost abfallenden Hangfläche (auf etwa 435 bis 470 m ü.NN./ Hangneigung zw. 5° bis max. 20°) und ist an drei Seiten anthropogen geprägt bzw. eingeschlossen (Straßen/ Häuser). Ebenso wie der Standort Hofermühle liegt die Salcher Rutschung in einer geologisch komplexen Zone im unmittelbaren Übergangsbereich von Flyschzone, Grestner Klippenzone und den Nördlichen Kalkalpen (Abbildung 13). Die tief verwitterten Gesteine dieses Gebietes und ihr hoher Anteil an Ton und seinen Verwitterungsprodukten sind mitunter die Hauptgründe für die Tatsache, dass dieses Gebiet eine der höchsten Rutschungsanfälligkeiten in Niederösterreich und in Österreich gesamt hat (siehe u.a. Gottschling 2006, Petschko et al. 2014).
Die Prozesse an der Salcher Rutschung sind als Rotationsrutschung zu klassifizieren, wobei mehr als eine Gleitfläche anzunehmen ist. Die rezent aktive Fläche umfasst ~ 4.000 m², die potentiell zu aktivierende Fläche ~ 20.000 m².
Abbildung 13: a) Lage des Studiengebietes im Westen Niederösterreichs, Bezirk Scheibbs. b) Verortung der Salcher Rutschung, Gemeinde Gresten; geologische Einbettung. c) Die Salcher Rutschung; aktiver Prozessbereich ca. 4.000m². (Zur Erstellung der Graphik verwendete Datensätze und Quellen: DEM (1m) 2009 und Orthophoto 2010: zur Verfügung gestellt vom Land Niederösterreich; geologische Karten: Schnabel et al. (2002) und Weber (1997); Kartierung an der Salcher Rutschung: Jochum et al. (2008)). Graphik aus Stumvoll et al. 2019.
Schadensmeldungen durch Rutschungsaktivitäten an das Land Niederösterreich seit den 1970er Jahren des vergangenen Jahrhunderts (Schwenk 1976, 1979) führten zu Untersuchungen durch den Geologischen Dienst des Landes Niederösterreich (Schweigl 2007, 2008, 2013) sowie durch die Geologische Bundesanstalt (GBA) in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur (BOKU) (Jochum et al. 2008).
Der entsprechende Hang wurde zwischen den 1950er und 1970er Jahren als Skipiste genutzt (Abbildung 14, links). 1975 wurde erstmal eine Rutschungsaktivität infolge der schweren Niederschläge zwischen dem 29. Juni und 3. Juli gemeldet. Eine Reaktivierung der Rutschung erfolgte durch Starkniederschläge vom 31. Mai 1978. Eine länger anhaltende Periode intensiven Niederschlags zwischen dem 1. und 7. August 2006 führte erneut zu einer verstärkten Rutschungstätigkeit. Detaillierte Untersuchungen durch den Geologischen Dienst des Landes Niederösterreich waren die Folge. Ein unregelmäßiges Bewegungsmonitoring wurde jedoch 2012 wieder eingestellt, nachdem seit 2009 die jährliche Bewegungsrate nur noch in der Größenordnung einiger Zentimeter lag.
Nach einer weiteren Reaktivierung im Jahr 2013 wurde der Entschluss gefasst, die Salcher Rutschung als eines der Hauptuntersuchungsgebiete für das NoeSLIDE Projekt heranzuziehen und über Jahre hinweg intensiv zu untersuchen. Dabei wurde auch für diesen Standort eine eigene Strom- und Breitband-Internetanbindung errichtet, um sämtliche automatisch erhobene Daten in Echtzeit an einen Datenserver nach Wien zu senden und hier auf der Homepage in Echtzeit verfügbar zu machen.
Abbildung 14: links) Historischer Blick auf die Salcher Rutschung (ca. 1950er Jahre; © Photographie: Marcel Mollik; rechts) Die Oberfläche der Salcher Rutschung 2007 und 2014 (© Photographien: Universität Wien (2007/ 2014)). Graphik aus Stumvoll et al. 2019.
Auf den den folgenden Seiten zum Untergrund- und Oberflächenmonitoring erfolgt eine Darstellung der in Gresten angewandten Monitoringinstrumentierung und ihrer Spezifikationen. Eine Kartenübersicht aller installierten Geräte befindet sich in Abbildung 14 (Stand 2018, Aktualisierung under construction).
Abbildung 15: Überblick zur Monitoring-Instrumentierung an der Salcher Rutschung (Zur Erstellung der Graphik verwendete Datensätze und Quellen: DEM (1m) 2009 und Orthophoto 2010: Zur Verfügung gestellt vom Land Niederösterreich; DEM (0.10m) 2014: Eigentum der Universität Wien; geomorphologische Kartierung Jochum et al. (2008). Graphik aus Stumvoll et al. 2019.
Disposition: Geologische Übergangszone (Grestener Klippenzone/ Flyschzone)/ tief verwitterte Böden/ anthropogene Überprägung
Prozess: Rutschen (aktive Fläche ~4.000 m²/ potentiell zu aktivierende Fläche ~20.000 m²)
- (dokumentierte) Aktivität seit den 1950ern
- 1950er --> Skipiste; Neigung der Liftstützen
- 1975 --> Bewegung (Schwenk 1976) --> Sanierungsmaßnahmen -->1978 --> Reaktivierung (Schwenk 1979)
- 2000 --> Einebnung im oberen Bereich
- 2006 --> wiederholte Bewegung --> 2007 - 2012 Untersuchungen des Landes Niederösterreich (Schweigl 2013) und der GBA (Jochum et al. 2008)
- 2014/ 2015 --> Beginn des kontinuierlichen Monitorings
Erste Ergebnisse (2014 - 2019)
Oberflächenmonitoring
- Bewegungsraten an der Oberfläche von ~0,15 m/a (2007 - 2019 ~12 a Beobachtungszeitraum) über LiDAR-Daten
- Bewegungsraten an der Oberfläche von ~0,05m bis zu ~0,23m in 3 Jahren über die Vermessung fixierter Strukturen auf und im nahen Untergrund der Rutschfläche (Stangen/ meteorologische Station) über TLS
Untergrunderkundung
- Kombination von Methoden (Bohrung/ Rammsondierungen/ Inklinometer) ermöglichen die Erstellung eines Untergrundmodells
- Vermutung zweier Gleitflächen in ~3 und 9 m Tiefe
Größte Schwierigkeit (Oberflächenerkundung): Vegetationsperiode und Grasbewuchs
Literatur
Die hier vorgestellten Ergebnisse zur Salcher Rutschung sind der Studie von Stumvoll et al. 2019 entnommen, an der eine Vielzahl an Personen mitgewirkt haben. Ein Großteil der gezeigten Graphiken sind ebenfalls der Studie entnommen. Weitere, hier genannte Literatur:
Gottschling, P. 2006. Massenbewegungen. In Geologie der österreichischen Bundesländer - Niederösterreich, eds. G. Wessely, I. Draxler, G. Gangl, P. Gottschling, M. Heinrich, T. Hofmann, W. Lenhardt, A. Matura, R. Pavuza, H. Peresson & R. Sauer, 335-340. Wien: Geologische Bundesanstalt.Jochum, B., M. Lotter, F. Ottner & K. Tiefenbach. 2008. Geophysikalische und ingenieurgeologische Methoden zur Untersuchung von durch Massenbewegungen bedingte Bauschäden in Niederösterreich. BBK-Projekt NC-62/F (2007) und ÜLG-35 (2007). Endbericht zur Fallstudie Gresten (NÖ). 111. Vienna, Austria: Geological Survey of Austria (GBA); University of Natural Resources and Life Sciences (BOKU).Schnabel, W., H.-G. Krenmayr, G. W. Mandl, A. Nowotny, R. Roetzel & S. Scharbert. 2002. Geologische Karte von Niederösterreich 1:200.000. ed. W. Schnabel. Wien, Österreich: Geologische Bundesanstalt.Schweigl, J. 2007. Gemeinde Gresten, Katastrophenschaden bei den Wohhäusern der Familien Bramreiter und Plank am Pichelkogel. Katastrophenerhebungsblatt. Geologisches Gutachten. (BD1-G-142/001-2007) (intern). 5. Geological office of the Federal State Government of Lower Austria.Schweigl, J. 2008. Gresten, Katastrophenschaden Krause (Gst.Nr.1999/1), Bramreiter (Gst.Nr.1999/6) u.Plank (Gst.Nr.1999/7) am Pichelkogel/Osthang, geotechnische Stellungnahme zur wissenschaftlichen Studie der GBA und Boku. (BD1-G-142/001-2007) (intern). 2. Geological office of the Federal State Government of Lower AustriaSchweigl, J. 2013. Gresten, Krause (Gst.Nr.1999/1), Bramreiter (Gst.Nr.1999/6) u.Plank (Gst.Nr.1999/7) Katastrophenschaden 2006, Rutschung Salcher, geologischer Abschlussbericht zu den Vermessungen. (BD1-G-142/001-2007) (intern). 4. Geological office of the Federal State Government of Lower Austria.Schwenk, H. 1976. Erhebungsbericht und Gutachten des geologischen Dienstes der Baudirektion. (No. BD-3120/1-1975) (intern). 4. Geological office of the Federal State Government of Lower Austria.Schwenk, H. 1979. Erhebungsbericht und Gutachten des geologischen Dienstes der Baudirektion. (No. BD-G-78156) (intern). 3. Geological office of the Federal State Government of Lower Austria.Stumvoll, M. J., E. Canli, A. Engels, B. Thiebes, B. Groiss, T. Glade, J. Schweigl & M. Bertagnoli, 2019. The “Salcher” landslide observatory—experimental long-term monitoring in the Flysch Zone of Lower Austria. Bulletin of Engineering Geology and the Environment, 18. 10.1007/s10064-019-01632-wPetschko, H. et al., 2014. Assessing the quality of landslide susceptibility maps – case study Lower Austria. Natural Hazards and Earth System Science, 14(1), pp.95–118.Weber, L. 1997. Flächendeckende Beschreibung der Geologie von Österreich 1:500.000 im Vektorformat. Exzerpt (Basiskarte Geologie) aus der Metallogenetischen Karte von Österreich 1:500.000. Wien, Österreich: Geologische Bundesanstalt.
Weitere Literatur zum Standort:
Engels, A. 2015. Landslide dynamics -From historical data to monitoring systems: an approach in Gresten, Lower Austria (Masterthesis; unpublished). 173. Vienna, Austria: University of Vienna.Canli, E., A. Engels, T. Glade & M. Bertagnoli. 2016. Surface and subsurface monitoring of an active landslide in Gresten (Austria). In 13 th INTERPRAEVENT Conference, 30 May to 2 June 2016, Lucerne, Switzerland, Extended Abstracts, ed. G. Koboltschnig, 72-73. Lucerne, Switzerland.Gallistl, J., M. Weigand, M. Stumvoll, D. Ottowitz, T. Glade & A. F. Orozco (2018) Delineation of subsurface variability in clay-rich landslides through spectral induced polarization imaging and electromagnetic methods. Engineering Geology, 245, 292-308. https://doi.org/10.1016/j.enggeo.2018.09.001Stumvoll, M. J. & T. Glade, 2017. NoeSLIDE - Monitoring unterschiedlicher Typen gravitativer Massenbewegungen in Niederösterreich.- Interner Abschlußbericht für den Geologischen Dienst, Land Niederösterreich. 37. Wien: Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung.