Die Hangrutschung Brandstatt befindet sich am Nordhang des Lampelsbergs in der Gemeinde Gresten, im Bezirk Scheibbs in Niederösterreich. Das überwiegend als Gras- und Weideland genutzte Untersuchungsgebiet weist oberflächlich wellige Deformationsmuster sowie zahlreiche Wölbungen und Mulden (Gottschling 2001), bei einer Hangneigung von durchschnittlich 15° bis 20° (Amt d. NÖ Landesregierung 1970), auf. Nach bisherigen Studien (z.B. Schweigl 2012) umfasst das Rutschungsgebiet eine Fläche von ca. 20 Hektar. Unter Berücksichtigung der Bewegungsraten von 1,5 bis 8 cm/a und einer geschätzten Scherfläche in ~20 m Tiefe (Schweigl 2012) kann die Rutschung als ein tiefliegendes, sich langsam bewegendes Erdrutschsystem definiert werden (vgl. Prinz 1997, Varnes 1978).
Das Gebiet ist durch ein komplexes geologisches Umfeld gekennzeichnet, welches aus Formationen der Grestener Klippenzone (Lias bis Paläozän) und der Inneralpinen Molasse (Oligozän) besteht (Lotter & Jochum 2010). Der mittlere und obere Teil des untersuchten Hanges sind aus einem Gemenge aus Sandsteinblöcken und tief verwitterten, weichen Tonschiefern der Grestener Klippenzone aufgebaut (Lotter & Jochum 2010; Amt d. NÖ Landesregierung 1970). Im unteren Teil dominieren klastische und karbonatische Sedimentgesteine der tertiären inneralpinen Molasse (Oligozän), insbesondere dunkelgraue Mergel, gelbliche Sandsteine und graue Kalksande (Gottschling 2001, Lotter & Jochum 2010). Diese Formationen sind von dicken Schichten aus stark verwittertem, lehmigem Material bedeckt (Amt d. NÖ Landesregierung 1970, Gottschling 2001).
Das Untersuchungsgebiet und die umliegenden Hanglagen sind seit Jahrzehnten von Instabilitäten geprägt (Lotter & Jochum 2010). Erste Oberflächenbewegungen wurden in den 1960er Jahren dokumentiert, danach sanierte die Agrarbezirksbehörde das Rutschungsgebiet durch den Einbau von tief eingreifenden Entwässerungssteinrippen (Amt d. NÖ Landesregierung 1970). In den Jahren 1982/83 wurde das Gebiet zusätzlich drainagiert. Nach intensiven Niederschlagsereignissen in den Jahren 1985 und 2001 kam es jedoch zu Reaktivierungen des Rutschungssystems (Hinteregger 1985, Gottschling 2001). Beide Ereignisse führten zu einem stufenweisen Absinken des Geländes um bis zu 30cm (Hinteregger 1985, Gottschling 2001). Infolgedessen wurden im Rutschungsbereich zusätzliche Tiefdrainagen errichtet (Gottschling 2001).
Die hohe Rutschanfälligkeit bestimmter Gesteine der Grestener Klippenzone, insbesondere der Gesteine der Grestener Schichten und der Buntmergelserie, in Verbindung mit dem vorhandenen Relief werden als Hauptursache für die anhaltende Rutschungsaktivität im Untersuchungsgebiet ausgemacht (Lotter & Jochum 2010). Diese Gesteine sind besonders empfindlich gegen Wasserzutritt und daher sehr verwitterungsempfindlich (ebd.). Mit zunehmenden Verwitterungsgraf wird deren Carbonatgehalt und somit auch deren Standfestigkeit sukzessive reduziert (ebd.). Darüber hinaus kann ein verstärkter Wasserzutritt nach Starkniederschlagsereignissen aufgrund der schlechten Entwässerungsfähigkeit der Böden zu einer Erhöhung des Porenwasserdrucks und einer weiteren Verringerung der Stabilität führen, was maßgeblich zum Voranschreiten des Erdrutsches beiträgt (ebd.).
Fig. 1: Eindrücke der Feldarbeit. © R. Kanta. 2022
Literatur
Gottschling, P. 2001. Geologisches Gutachten BD1-G-867/1. Landesbaudirektion – Geologischer Dienst. Katastrophenerhebungsblatt. Intern report.Hinteregger. 1987. Geologisches Gutachten BD-G-867. Landesbaudirektion – Geologischer Dienst. Katastrophenerhebungsblatt. Intern report.
Indraratna, B., I. Sathananthan, C. Bamunawita, A.S. Balasubramaniam. 2015. Chapter 3 - Theoretical and Numerical Perspectives and Field Observations for the Design and Performance Evaluation of Embankments Constructed on Soft Marine Clay. Ground Improvement Case Histories, Butterworth-Heinemann, 83-122.
Lotter, M., B. Jochum. 2007. Geophysikalische und ingenieurgeologische Methoden zur Untersuchung von durch Massenbegweungen bedingte Bauschäden in Niederösterreich.
Fallstudie Scheibbs (NÖ). Office of the Lower Austrian provincial government. 1970. Gutachten. BD-96-G-1970. Intern report.
Prinz, H. 1997. Abriß der Ingenieurgeologie – Grundlagen der Boden- und Felsmechanik, des Erd-, Grund- und Tunnelbaus sowie der Abfalldeponien. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart.
Schweigl, J. 2012. Abschlussbericht BD1-G-411/011-2009. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung. Geologischer Dienst. Intern report.
Varnes, D.J. 1978. Slope movement types and processes. Special Report 176: Landslides: Analysis and Control (eds: Schuster, R.L., Krizek, R.J.). Transportation and Road Research Board, National Academy of Science, Washington D.C., pp.11-33.